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An Christoph Martin Wieland gerichtetes Empfehlungsschreiben des Prinzen August von Sachsen- Gotha-Altenburg für Johann Friedrich August TischbeinSächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek DresdenSammlungen von Dokumenten, Briefen etc.Signatur: Mscr.Dresd.h.43,Bd.7,Nr.2

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An Christoph Martin Wieland gerichtetes Empfehlungsschreiben des Prinzen August von Sachsen- Gotha-Altenburg für Johann Friedrich August TischbeinSächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden ; Sammlungen von Dokumenten, Briefen etc.

Signatur: Mscr.Dresd.h.43,Bd.7,Nr.2


05.1795 [Ende Mai 1795]. - 1 1/2 Seiten auf Doppelblatt, eigenhändig mit Unterschrift, 8°, Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Herr Dr. Martin Franke (in einem Schreiben an die SLUB Dresden, datiert 09.01.2025) zu Hintergründen und Datierung des Briefes: "Die Datierung des Schreibens läßt sich aus der Vita des Künstlers, den genannten Werken wie auch aus einem zweiten Schreiben von Prinz August mit gleichem inhaltlichen Bezug, diesmal an Goethe, ermitteln. Tischbein hielt sich von 1777 bis 1780 in Italien – Rom und Neapel – auf und war in das dortige personelle Gefüge (heute:Netzwerk) von Künstlern, Reisenden und VIPs gut eingebunden, wie es sich aus seinen eigenem Schrifttum sowie aus den Berichten damaliger Zeitgenossen erschließen läßt. Auch Prinz August von Sachsen-Gotha-Altenburg gehörte hierzu. Dieser befand sich während seiner zweiten Italienreise von 1777 bis 1778 ebenfalls in Rom und Neapel. Über diesen Aufenthalt führte er ein Tagebuch, welche heute eine interessante Quelle über den damaligen Kulturbetrieb, seine Vertreter und die vorherrschenden Meinungen wie Urteile im Zeitalter der Aufklärung und künstlerisch des beginnenden Klassizismus darstellt. Viele der aus dem im Tagebuch genannten Personenkreis waren auch Tischbein, wenn auch nicht explizit genannt, bekannt. So Rat Reiffenstein, die Mengssche Akademie, F.A. Hervey (Bischof von Derry und 4. Earl of Bristol, Graf Woronzow, P. Batoni, Charles Gore mit Töchtern u.a. In diesem Zirkel war Tischbein mittel- und unmittelbar sowohl als Künstler durch Porträtaufträge wie auch als Gesprächspartner envolviert. (Siehe Götz Eckardt: Das italienische Reisetagebuch des Prinzen August von Gotha 1777-1778. In: Schriften der Winckelmann-Gesellschaft , Bd. IX, Stendal 1985. - auf Ihren Brief wird dort auf S. 158 explizit Bezug genommen). Nur zum Selbstverständnis: Bei Tischbein hier handelt es sich nicht um Wilhelm Tischbein, der bekannte „Goethe-Tischbein“(1751-1829) , dieser war ein Vetter von Johann Friedrich August. Jener war ab 1780 Kabinettmaler beim Fürsten von Waldeck und Pyrmont in Arolsen; hielt sich aber auch lange Jahre in den Niederlanden auf, wo etwa die Hälfe seines Gesamtschaffens entstand. Wohl Anfang der neunziger Jahre beendete Tischbein sein Anstellungsverhältnis in Arolsen und blieb bis 1794 in Amsterdam tätig. Der Einmarsch der französischen Truppen in Holland veranlasste ihn, seinen dortigen Aufenthalt abrupt zu beenden und wieder nach Arolsen zurückzukehren. Da sich dort keine Beschäftigung als Künstler ergab, war er bestrebt, sich in den den noch ruhigen Mitteldeutschland, eine neue attraktive Existenz aufzubauen. Um dies taktisch gut vorzubereiten, machte er sich Verbindungen und alte Bekanntschaften zu Nutze, wodurch er sich Empfehlungen und Bekanntheit versprach. Einer dieser „alten“ Bekannten war Prinz August in Gotha, den Tischbein nach Mitte Mai 1795 aufsuchte und jenen um eine damals übliche Empfehlung nach Weimar bat. Dorthin hatte der Prinz als geschätzter Partner bei Themen zu Philosophie, Kunst, Literatur und Musik beste Verbindungen zu Goethe, Herder und Wieland wie auch zum regierenden Herzogshaus Sachsen-Weimar-Eisenach,. Dass der Prinz Tischbein offenbar menschlich wie künstlerisch sehr schätzte, obwohl der Kontakt bereits etwa knapp 17 Jahre zurücklag, beweist das bei Ihnen bewahrte Empfehlungsschreiben von August an Wieland, welches somit auf Ende Mai 1795 zu datieren ist. Diese Annahme wird unterstützt durch ein inhaltlich ähnliches Schreiben von Prinz August an Goethe, zwar ebenso undatiert, aber in der Bearbeitung auch auf Ende Mai 1795 festgeschrieben. Siehe: Klassik Stiftung Weimar: Regestausgabe der Briefe an Goethe ) 1/1382. Hier ist sogar von Porträts des herzoglichen Paares, welche Tischbein ausführen soll, die Rede, was sicherlich die tiefere Ursache für das zukünftige, sehr distanzierte Verhalten des weimarisches Staatsministers gegenüber Tischbein und auch seiner Kunst war. Bei den von Prinz August aufgeführten Kunstwerken, die Tischbein zu „Vermarktungszwecken“ mit sich führte, ist besonders das von ihn erwähnte Familienporträt interessant. Die Arbeit befindet sich heute, nach Restituierung aus Leipzig, in der Fürstlichen Sammlung Liechtenstein (Inv-Nr. GE 2505). Zwar ist das Gruppenporträt nach der Bezeichnung auf 1796 bestimmt, was aber bei Tischbein nicht unbedingt auf die tatsächliche Entstehungzeit verweist. Die Signatur kann auch später aufgebracht worden sein, als der Künstler an dem Gemälde nochmals arbeitete, um Details zu verändern oder als es verkauft wurde, was um das Jahr 1796 tatsächlich geschah. Besagte Arbeit hatte auch einen Vorgänger, welcher um 1793/94 entstand und sich heute im Musée des Arts Décoratifs, Paris (Inv.-Nr. GR 843) befindet. Der Künstler hatte das Original nochmals kopiert und sie für Werbezwecke dem Publikum zu offerieren; mit Sicherheit handelt es sich um besagtes Werk aus dem Jahr 1794/95. Es erstaunt nur, dass Tischbein diese doch etwas großformatige Arbeit mit sich rumschleppte. Die 2. Arbeit, „Nymphe mit Satyr“ läßt sich nicht zweifelsfrei bestimmen, da das Motiv bei Tischbein seit 1785/86 mehrfach auftaucht. Eigentlicher Anlass meinerseits, mich mit dem Schreiben in der SLUB intensiver zu beschäftigen, war der etwas irritierende Umstand, dass Tischbein bereits zehn Jahre zuvor, im März 1785, bei Wieland in Weimar vorstellig gewesen war. Dies wird von ihm in einen Brief an Johann Heinrich Merck berichtet. Siehe. Johann Heinrich Merck Briefwechsel, Herausgegeben von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs, Göttingen 2007, Band 3,, Briefnummer 733, S. S. 686, 687, 688. In dieser Publikation wurde im genannten Brief unter Anm. 18 S. 689 das in Dresden aufbewahrte Dokument von Prinz August für jenes Treffen zwischen Tischbein und Wieland 1785 als Empfehlungsschreiben hierzu gesehen. In Anbetracht der beiden Briefe vom Mai 1795 und dem erwähnten Kunstwerk, die auch zeitlich konform gehen wie auch den Lebensumständen des Malers, ist diese Annahme irrig. Man weiß allerdings nichts über die Umstände, welche Tischbein März 1785 veranlassten, noch im Winter eine Reise nach Weimar, vermutlich ohne Vorbereitung, zu unternehmen. Lt. den Worten Wielands kannte dieser den Künstler bis dato überhaupt nicht und es fand wohl auch keine empfehlende Vorbereitung für dieses Treffens statt. Wieland Bemerkungen über Tischbein waren übrigens sehr lobend. Es verwundert etwas, dass sich Tischbein 10 Jahre später nochmals bei Wieland empfehlen ließ oder es war ein geschickter Schachzug, über die erneuerte Bekanntschaft mit Wieland den Einstieg in die Weimarer Hof- und Kulturelite zu erreichen, was ihm später mit den Porträts der herzoglichen Familie und mit jenen Bildnissen von Wieland, Herder und Schiller auch gelang. Nur eben von Goethe nicht, der empfindlich darauf reagierte, wenn in seinem ureigensten Ressort über seinen Kopf hin Entscheidungen angebahnt oder getroffen wurden."

Pfad: Sammlungen von Dokumenten, Briefen etc. / Briefe an Christoph Martin Wieland / Band 7: Prinz August von Gotha

DE-611-HS-2421316, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-2421316

Erfassung: 5. Februar 2007 ; Modifikation: 10. Januar 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-05-23T15:08:21+01:00