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Manuscripte zur Geschichte der Päpste: Finanzen und Verwaltung, Conclaven, Relazionen über Rom - Berliner Werk-MS-Fragmente 1826/27, zur Fortsetzung der Fürsten und Völker. Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung Nachlaß Leopold von Ranke
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Manuscripte zur Geschichte der Päpste: Finanzen und Verwaltung, Conclaven, Relazionen über Rom - Berliner Werk-MS-Fragmente 1826/27, zur Fortsetzung der Fürsten und Völker. Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung ; Nachlaß Leopold von Ranke
Ranke, Leopold von (1795-1886) [Verfasser]
Berlin, 1826-1827. - 30 Blatt, 3 (Teil-)MS., Deutsch Italienisch Französisch Latein
Inhaltsangabe: Noch vor Abreise nach Wien 2.Sept.1827 (NB S.96) hatte Ranke bedeutende Teile des geplanten zweiten Bandes der Fürsten und Völker fertig gestellt: Neben den Kapiteln zu Venedig und Florenz auch jenes zu Rom - erarbeitet auf Grundlage sowohl der „Informationi politiche“ (und weiterer historischer Werke) der Berliner Königlichen Bibliothek, sowie aus Gotha geschickter italienischer Quellen und einiger selbst „erkaufter“ Relazionen. Die hier wieder zusammengeführten und möglichst in ihre eigentliche Ordnung gebrachten Manuscript-Fragmente zeigen den Stand von 1827; sie sind von Ranke nicht direkt für dessen 1834f. erschienenes Werk über „Die römischen Päpste“ verwandt worden - u.a. sortierte Ranke Papiere aus zu „Finanzen“(Bl.1-18): Offenbar legten spätere italienische Funde (vgl. allg. Ranke „Vorrede zu den Päpsten, sowie die Mappen „Kirchenstaat“ I-XII) gründlicheres Umschreiben nahe – z.B. hielten die Angaben bei Tempesti und Leti zum Staatshaushalt der Päpste dem kritischen Abgleich mit Rankes zumal in Rom gefundenen Quellen nicht stand (vgl. etwa SW 39 S.59*f.). Auch fällt die Kritik an den "Päpsten" in diesen rückgelegten MS schärfer aus, als im Werk 1834ff. Zudem geben die rückgelegten MS den Blick frei auf Elemente der 1826/27 von Ranke ursprünglich geplanten Disposition: Offenbar sollte das „Päpste“-Kapitel Unterkapitel zu „Verwaltung“ bzw. „Finanzen“(Bl.1-18) sowie „Conclaven“(Bl.19-26) enthalten; und wie man am Unterkapitel „Venezianische Relazionen über den Römischen Hof“(Bl.27-31) sehen mag, plante Ranke im Unterschied zu Band I der Fürsten und Völker und der dort nur summarischen Quellen-Auflistung (S.445f. „Vorläufige Übersicht“) bereits 1826/27 einen umfassenden Analecten-Anhang zur Präsentation ausgesuchter Quellen. Übrigens blickt Ranke genau auf die Unterschiede der Regierungsformen - Auffallend, wie negativ Staat und Staatshaushaltung der Päpste in diesen rückgelegten Werk-MS von 1826/27 wegkommen, gerade im Vergleich mit Florenz und besonders mit Venedig (vgl. SW 37 S.252f.): Hier die freiere Entwicklung der auch wirtschaftlich weit erfolgreicheren Republiken, dort absolutistische, "das Leben sich unterthänig" machende Herrschaft, absolute Feilheit der Ämter, Zerstörung der municipalen Selbständigkeiten, des Handels und des Rechtes, überhaupt von Freiheit und Entwicklung (vgl. etwa SW 37 S.252f./258 und SW 49/50 S.164f.) – Ranke beschreibt hier nicht nur Repression, sondern Verfall und Niedergang: „Es ist schwer, diese Staatskunst zu begreifen“(vgl. etwa SW 37 S.306). Im Einzelnen: Bl.1-18 – Finanzen, Verwaltung, Soziales: Bl.1-8 - zur Zeit Pius V: Beginnend mit „der Verwaltung von Klöstern und Conclaven seines Ordens,(..) ging er streng, ohne alle Rücksicht und immer geradeaus zu Werk (..) Wie manches Kloster habe er (..) von Schulden befreyt“ (vgl. etwa SW 37 S.230f.); Bl.4‘-5 mit folgendem, ungedruckt gebliebenem Resumee zu Pius V: „können wir etwa leugnen, daß dieß der nemliche Mensch ist, der so inbrünstig betet, der so nichts für sich begehrt! Oder können wir sagen, daß hiermit [Bartholomäus-Nacht u.a.] etwas Neues, Falsches in ihn gekommen? Ist es nicht derselbe strenge Katholizismus, aus dem er sich ausbildet, derselbe Zweck derselbe Eifer. Was er nicht mit eigener Lebensgefahr zu versuchen den Muth hatte, scheint er erst mit fremdem Blut ins Werk zu setzen. Die religiösen Ideen (..) nahmen eine Form an, die unmittelbar zu Gottlosigkeit und zu Gräueln führten. Was aber soll der Mensch tun? Denkt er sich [von] den religiösen Ideen leichtsinnig abzusondern, so fühlt er den Schmerz der Leere und Öde. Ergibt er sich ihnen ganz, so ist zu befürchten, nicht allein, daß sie ihn von Welt und lebendigem Daseyn abscheiden, sondern daß sie ihn entweder verstören oder zum Wahn werden, oder ihn zu dem Unmenschlichen und Grauenhaften fortreissen. – Will er zwischen beydem bleiben, so ist er - man läugne es nicht – dem Zweifel fortwährend ausgesetzt. – Denn das ist das Schwerste, Gottes und der Ewigkeit gewiß, die flüchtigen Tage, die hier auf Erden gewährt sind, als wahre Menschen zu genießen.“(vgl. etwa SW 37 S.244 und allg. S.22); Bl.7-8 unter dem Titel „Finanzen“ u.a. Summen aus den entrata der päpstlichen Kammern z.B. 1576 (vgl. SW 37 S.271 – das in Fußnoten genannte MS Gothana „Entrata della reverenda camera apostolica“ (1576) ebenda sowie SW 39 S.61*f.; vgl. zur ebenso genannten MS „Relatione di Roma al tiempo di Pio IV e V di Paolo Tiepolo“(1568) etwa SW 37 S.230f./270f. und SW 39 Analecten Nr.41 bzw. Muir MS 30). Bl.9-18 - zur Zeit Gregors XIII und Sixtus V: Beginnend [Bl.8‘ unten „Jedoch gerade von diesen [Abzügen] versichert man uns, daß [dies] zu Ende der Regierung“] auf Bl.9 oben mit „Gregors mehrere Jahre niemals bezahlt worden sey (..) In diesen Zustand der Dinge traf die Regierung Sixtus V: (..) Man hat nicht genug zu bewundern gewußt, wie dieser Fürst es möglich gemacht, in dieser Lage nicht allein so viele kostbare u großartige Werke auszuführen, sondern selbst einen bedeutenden Schatz in dem Castell niederzulegen (..) Die Sachen haben indeß noch eine andere Seite. – Wovon war doch dieser Staat am meißten gedrückt? War es nicht die Käuflichkeit der Beamten“ (vgl. etwa SW 37 S.302f./306; zum Bl.9‘ genannten Verkauf des tresoriere generale vgl. SW 37 S.304); Bl. 13f. nochmals aus den „Entrata“, beginnend: „[Sixtus V] vermehrte die Einnahmen um 200000 (..) hauptsächlich vermehrte er die verkäuflichen Ämter (..) man berechnet, daß er von den Ämtern allein (..) über anderthalb Millionen Scudi gezogen“ (vgl. etwa SW 37 S.304); Bl.15f. „(..) Um so mehr, da fast Alles, was [der Papst] aufbrachte, Privatpersonen zu gute kam. Zuerst den Inhabern der Monti, deren Zinsen durch die Auflagen gedeckt wurden. Sodann seit Sixtus V die Stellen bey der Geldverwaltung käuflich gemacht“ (vgl. etwa SW 37 S.304), gefolgt von Nachrichten über wirtschaftliche und soziale Folgen der prekären (Geld-)Politik der Päpste „Den Auflagen schreibt man zu, daß man die Einwohnerzahl herabkommen sah“(Bl.15‘), der Handel verfiel - „Bald aber hören wir nur von Theuerung“(Bl.16); selbst das Recht war käuflich –„jene falsche Rechtspflege“(Bl.18‘) - auch dies kam herunter „Es ist hierüber das beste Zeugnis in unseren Händen, eine Instruction (…) der Sacra Consulta, an die Governatoren, welche uns die Mißbräuche enthüllt“(Bl.18), „Indessen litten (..die..) Menschen, welche diese Länder bewohnten. Sie suchten (..) diesem Staat zu entkommen“ (Bl.16‘/15‘/13‘), „Wie übel es (..) stand, können wir aus den Mitteln abnehmen, welche gegen die Banditen gebraucht wurden“ (vgl. etwa SW 37 S.74f./281/292f. & SW 38 S.143/44 etc.) – „Da hat noch eine andre Classe einen sonderbaren Krieg wider die Gesellschaft begonnen (..) Es sind die Bettler“(Bl.17‘) - „Es ist ein sonderbarer Anblick, wie die Regierung das Leben sich unterthänig zu machen sucht“ (Bl.14 unten) und: „Hierdurch also konnte der Römische Staat nicht gedeihen. Auch gedieh er nicht. Er gerieth vielmehr in immer größeren Verfall.“(Bl.14’ unten). Bl.19-26 – zur Entwicklungsgeschichte der Conclaven: Bl.19 beginnend: „Sollte die Verschiedenheit der Gewählten wohl auf etwas anderem beruhen, als auf der Natur der der Wahl? Dies ist dann ins Auge zu fassen“ – Ranke überblickt folgend die Entwicklung der Conclaven ca.1492-1623 von Alexander VI bis Urban VIII und beschliesst Bl.26f. „Nun können wir uns über den veränderten Character der Papstwahlen nicht mehr täuschen: es ist nicht mehr jener strenge Kampf der verschiedenen Factionen, welche die Kreaturen des letzten Papstes gleichsam nach einem Gesetz ausschließt: sondern wir sehen immer zwey Nepoten, den mächtigsten und denjenigen, welcher es nach ihm ist, auf Einen aus der [Bl.26‘] mächtigsten Faction übereinkommen, indeß jedesmal auf Einen, welchen auch die Mindermächtigen nicht glauben fürchten zu müssen (..) Mit einem Wort: Anfangs siegt die Opposition, dann bringt sie die Sachen in ein gewißes Gleichgewicht“ – auch dies nicht direkt übernommen, Fragmente finden sich u.a. in Nr.63 „Conclaven“ (SW 39 S.84*f., vgl. SW 38 S.140/145/147/153 etc.). Bl.27-30 – „2. Venezianische Relazionen über den Römischen Hof.“ Bl.29 nach dem Titel folgt „Fürsten mochten Venedig von außen bedrohen. In das Innere ihrer Verwaltung konnte allein der Papst eingreifen (..) daher bemerkt man, daß die Republik nur geübte, im Lauf der Geschäfte gereifte Männer nach Rom schickte“(..) im Jahr 1555 gleich nach der Wahl Pius IV sandten sie Bernardo Navagero dahin“; Bl.27’f. folgend die „Relatione di Roma referita in Senato Veneto dal clmo Navagero ritornato Ambassiatore da Paolo IV (..) MSS Gothana“; in den Analacten zu SW 39 Nr.30 (vgl. SW 37 S.183f.) stellt Ranke Navageros Relation vor - wenn auch auf Grundlage einer in Italien gekauften Abschrift aus dem 18.Jahrhundert leicht anderen Titels (vgl. Muir-MS 148), so doch mit ähnlichen Wendungen, etwa „[Navagero] unterscheidet 3 Geschäfte eines Ambassadors: Verstehen, wozu Einsicht; Unterhandeln, wozu Geschick; Referieren, wozu Urtheil gehöre“(Bl.27‘; vgl. SW 39 S.48*); das MS-Fragment endet „Navagero hat hernach beym Concil v Trient eine Rolle gespielt - “.Literaturhinweise: Literatur aus der Königlichen Bibliothek zu Berlin, u.a.:, Bl.10' - Casimiro Tempesti: Storia della vita e geste di Sisto Quinto, Roma 1754 (Syr.Bibl.Ra 922.21 S62T);, Bl.13/13'/16'/24' - Les Ambassades et Negotiations de Cardinal du Perron, Paris 1633 (Syr.Bibl.Ra 944.031 D93);, - Gregorio Leti: Vita di Sisto V. Ponitifice Romano, Amsteldamo 1721 (Syr.Bibl.Ra 922 21 S62; vgl. Rankes Kritik an Tempesti und Leti SW 39 S.59*f.);, Bl.19/21' - Discorso sopra li sogetti papabili nel tempo di Gregori XIII (SW 37 S.289);, Bl.19' - Epistolarum Reginaldi Poli, 5vol. 1744-57, Brixi (Syr.Bibl.Ra 922.2 P76 F); Consideratione al ultima scrittura;, Bl.20 - Vera Concilii Tridentini Historia, 3vol. 1670, Antverpiae; Relatione di M.Bernardo Navagero (..) 1558;, Bl.21' - Vita Sancti Aniceti Papae et Martyris, Joanne Angelo Altaemps, Romae 1617;, Bl.23 - Vita Sixti V ipsius manu emendata - aus Tempesti s.o.;, Bl.24' - Les Ambassades et Negotiations de Cardinal du Perron, Paris 1633 (Syr.Bibl.Ra 944.031 D93);, Bl.26 - Discorso sopra il presente Conclave di Urbano VIII;, Bl.27: Marco Foscarini: Della Letteratura Veneziania, Padova 1752 (Syr.Bibl.Ra 850.9F74).
Editionshinweise: Ranke: Die römischen Päpste, ihre Kirche und ihr Staat im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, Bd.1-3, Berlin 1834-36; Ranke: Die römischen Päpste (...) Fünfte Auflage, Bd.1-3, Leipzig 1867; Ranke: Die römischen Päpste in den letzten vier Jahrhunderten. Sechste Auflage, SW 37-39(1874).
Bemerkung: Gröberes Velin-Papier (17,8x21,3cm; wie sonst von Ranke für die "Fürsten und Völker" verwendet, ohne WZ); Papier mitunter am Rand geknickt. teils angestaubt; keine Bearbeitungs-Spuren späterer Zeit - ausser: Bl.14 mit blauem Buntstift am rechten Rand "Päpste", Bl.27 mit rotem Buntstift Titel unterstrichen und am rechten Rand notiert "Päbste", beides wohl aus der Zeit der Katalogisierung unter Joachimsen.
Ausreifungsgrad: Werk-MS-Fragmente, ursprünglich für den so nie erschienenen Band II der "Fürsten und Völker" verfasst, in 3 Stößen: Bl.1-18 "Finanzen" etc., Bl.19-26 Conclaven, Bl.27-30 "Relazionen".
Objekteigenschaften: HandschriftPfad: Nachlaß Leopold von Ranke / Segment II: Italienische Geschichten / Päpste
DE-611-HS-3697577, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3697577
Erfassung: 15. Februar 2021 ; Modifikation: 27. Mai 2021 ; Synchronisierungsdatum: 2025-05-22T18:38:18+01:00