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Gestillte Sehnsucht Institut für Niederdeutsche Sprache Nachlass Georg Droste und Familie Signatur: N Dros 1.21
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Gestillte Sehnsucht Institut für Niederdeutsche Sprache ; Nachlass Georg Droste und Familie
Signatur: N Dros 1.21
Droste, Georg (1866-1935) [Verfasser]
Bremen, o.D.. - 2 Seiten (maschinenschriftlich), Deutsch. - Werk, Dichtung <Begriff>
Inhaltsangabe: Gestillte Sehnsucht. Im stillen Tale, fernab von dem Weltgetriebe, Lebte einst Julande, des Königs einzig Kind. Sie ward von treuer Hand gepflegt, mit zarter Liebe, Und sollt ihr Schicksal niemals kennen. Sie war blind! Man durfte sorglich nur von einer Welt ihr reden. Die ihr durch Tastsinn, durchs Gehör vermittelt ward. Gefangen war des Königs Kind, fern hielt man jeden, Der ihm des Lichtes Dasein hätte offenbart. Und glücklich war das Kind im unbewussten Dunkel! Kannt nur der Blumen Duft, nicht ihre Farbenpracht. Der Sonne Leuchten und das hehre Sterngefunkel, Es war ihr fremd und sternenlos war ihre Nacht. Durch ihre junge Brust zog nie das heisse Sehnen Nach jenen tausend Freuden, die uns beut das Licht. Man lehrte sie: Das Auge, Kind, ist nur für Tränen; Die bringt der Schmerz. Er sei Dir fern! Drum weine nicht! Er bleibt Dir fern, durch eines grossen Gottes Güte, Der in und um uns ist, und sein wird immerdar! Nun bete treulich, dass er ferner Dich behüte! Bleib reines Herzens! Hab die Eltern lieb! Sei wahr! - Und als man so von Gott geredet zu der Blinden: Da zog die heisse Sehnsucht ein in ihre Brust! Sie wollt den Unsichtbaren suchen, wollt ihn finden! Sie hätte gern noch viel, hätte alles gern gewusst. Das Königspaar und auch die Dienerin der Blinden, Sie wurden stumm, denn ihre Weisheit war am Schluss. Mann konnte sehen, konnte aber Gott nicht finden. Und schloss der Fragenden den Mund mit einem Kuss.- Da kam aus fernem Land ein weiser Arzt gezogen; Der hörte von des Königshauses Missgeschick. Er hat gar lange mit dem König Rats gepflogen, Und senkte in der Blinden Auge seinen Blick. Bist Du wohl Gott? Die Jungfrau fragte es mit Beben, Als sie der niegehörten Stimme Klang vernahm. "Er sandte mich zu Dir! Er hat mir Kraft gegeben, Führt mich den Weg, dass ich zur rechten Stunde kam." So sprach der Arzt, hat mit geschickter Hand den Star gestochen, Der Jungfrau sorgsam eine Binde angelegt. Man sollt sie treu behüten noch für lange Wochen! Im Dunkeln stand das Ruhebett, da sie gepflegt.- Doch eines Morgens nimmt voll Ungeduld die Blinde, Im Augenblick, da man sie eben nicht bewacht, Sich von den kranken Augen heimlich ab die Binde, Und schleicht vom dunklen Lager in den Garten sacht. An einem Rosenstocke ist sie hingesunken, Schaut durch das Blättergrün der Sonne zu. "Kommt doch, o kommt! Ich habe meinen Gott gefunden! O Gott wie schön! Wie herrlich, gross und schön bist Du! ------ Objekteigenschaften: DruckwerkPfad: Nachlass Georg Droste und Familie / N Dros 1: Werke Georg Droste "handge. & maschinenge." (Hochdeutsche und Niederdeutsche Manuskripte)
DE-611-HS-4273021, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4273021
Erfassung: 30. April 2025 ; Modifikation: 5. Mai 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-06-27T12:22:14+01:00