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Nachlass Peter Anders
Signatur: E Rep. 400-05
Nachlass Peter Anders
Anders, Peter (1908-1954) [Bestandsbildner]
1908-1979. - Der Bestand umfasst 64 Akten (1,5 lfm). - Nachlass
teilweise Urheberrecht beachten
Inhaltsangabe: "Der Wagen hat sich beim Überholen von 2 Motorrädern, durch Schlaglöcher aus der Bahn geworfen, überschlagen. Peter am Steuer. Seine einzige Verletzung, abgesehen von ganz geringen Schürfungen am Kopf ist eine Verrenkung des 4. Halswirbels und Bluterguss an der Stelle, dadurch ist eine Lähmung an Armen und Beinen entstanden." Und weiter schreibt die Ehefrau in einem anderen Brief: "Er ist so tapfer und völlig ungebrochen und voller Zuversicht, dass es einem zu Tränen rührt." (E Rep. 400-05, Nr. 16) Alles Bangen und Hoffen ist vergebens. Am 10. September 1954 stirbt einer der bekanntesten deutschen Tenöre - Peter Anders. Es ist der 5. September 1954, als der Sänger gegen 13.00 Uhr bei Willingen (Kreis Soltau) auf der Bundesstraße 209 am Kilometerstein 21,6 mit seinem Mercedes-300-Kabriolett, von einer Konzertreise kommend, verunglückt. Sein Begleiter, Kapellmeister Hans Geisendörfer, wird ebenfalls schwer verletzt. Wenn Peter Anders bei zahlreichen Interviews nach seinen Hobbys gefragt wurde, bezeichnete er sich als leidenschaftlichen Autofahrer, ja als geschwindigkeitssüchtig. Nun bringt ihm diese Begeisterung den Tod. Als die Öffentlichkeit vom Ableben des Sängers erfährt, sind das Entsetzen und die Trauer groß. Die Zeitungen finden auf ihren Titelseiten Schlagzeilen wie "Eine begnadete Stimme wird nicht mehr erklingen" oder "Die Welt trauert um Peter Anders". Eine große Karriere, die sich gerade auf ihrem Höhepunkt befindet, endet nun so tragisch. Vor allem für seine Familie eine Katastrophe, Anders ist 46 Jahre alt und hinterlässt eine Frau und drei minderjährige Kinder, Marie Anders muss ihr einziges Kind begraben. Die Trauerfeier findet sechs Tage später in der Großen St. Michaeliskirche in Hamburg statt, es erklingen Werke von Christoph Willibald Gluck und Johann Sebastian Bach, 2000 Menschen finden im Innenraum Platz und als der Sarg im Regen aus der Kirche getragen wird, säumen tausende Menschen die Straßen und nehmen Abschied von dem so beliebten Künstler. Seine letzte Ruhe findet er auf dem Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf. Geboren wurde Peter Anders am 1. Juli 1908 als Emil Ernst Anders in Essen. Die Eltern, Emil und Marie Anders, kamen aus der Gegend um Posen, wohin der Vater bald nach der Geburt des Kindes wieder versetzt wurde. Dort verbrachte er seine frühe Kindheit, wurde eingeschult und sang schon damals gerne und gut. Nach 1919 verzog die Familie nach Berlin. In Moabit besuchte er die Volksschule. Die Freude am Gesang konnte er im Kirchenchor der Reformationskirche in der Beusselstraße ausleben. Bald durfte er Solopartien singen und in dieser Zeit erwuchs sicherlich der Wunsch, Sänger zu werden. Die Eltern wollten, dass der Junge erst einmal etwas Ordentliches lernt und so besuchte er zunächst die Kaufmännische Fachschule der Handelskammer zu Berlin. Anschließend erlernte er bei einem Steuerprüfer den Beruf eines Bücherrevisors. Er betrieb Sport, vor allem Leichtathletik, aber der Gesang blieb immer die Nummer eins. Er beschloss, seine Stimme ausbilden zu lassen und sang schließlich dem namhaften Gesangspädagogen Ernst Grenzebach vor, der ihn in dem Vorhaben bestärkte, Sänger zu werden. Nach anfänglichen Privatstunden begann er ein Studium aufzunehmen und arbeitete aber weiterhin im Büro, um das dafür notwendige Geld zu verdienen. 1931 trat er in die Opernklasse der Staatlichen Musikschule Berlin ein und belegte auch das Konzertfach. Nun endlich gaben auch die Eltern ihren Segen für sein Vorhaben. An der Hochschule lernte er seine spätere Ehefrau, die Tochter der Gesangspädagogin Lula Mysz-Gmeiner, Susanne Mysz, kennen. Auch sie wollte Sängerin werden und hatte bereits 1928 ihr Studium begonnen. Im Juni 1931 wurde Max Reinhardt auf die Stimme von Peter Anders aufmerksam, als er im Kurfürstendamm-Theater die Operette "Die schöne Helena" inszenierte und den Chor mit Studenten der Berliner Musikhochschule besetzte. Im November desselben Jahres führte Reinhardt die Oper "Hoffmanns Erzählungen" im Großen Schauspielhaus auf und Anders sang den Eberhard. Später stand er bei Aufführungen der Musikhochschule auch mit seiner Mitstudentin Susanne Mysz auf der Bühne. In einer Rezension aus dem Jahre 1932 zu einer Aufführung von Joseph Haydns Oper "Die Welt auf dem Monde" der Hochschule für Musik Berlin war zu lesen: "voll drastischer Mimik und Jungens-Charme der Hans Wurst Peter Anders, ein gesanglich Hochbegabter". Da war er 24 Jahre alt. Viele Jahre später bezeichnete Frida Leider in ihrem Buch "Das war mein Teil" Peter Anders als einen Liebling der Götter. Sein erstes Engagement erhielt er 1932 in Heidelberg. Seine Antrittsrolle war die des Pedrillo in Mozarts "Die Entführung aus dem Serail". Weitere Auftritte folgten, z.B. in den Opern und Operetten "Die Puppe", "Fidelio", "Der Waffenschmied", "Orpheus in der Unterwelt", "Der Barbier von Bagdad", "Don Cesar" und "Madame Butterfly". Die Rezensenten lobten ihn überschwänglich. Nach dem Ablauf seines Vertrages mit dem Heidelberger Theater war er kurzzeitig arbeitslos, bekam jedoch ein Angebot aus Darmstadt und begann 1933 sein Engagement am dortigen Theater, in dem, sehr zu seiner Freude, die ehemalige Kommilitonin, Susanne Mysz, bereits verpflichtet war. In der Operette "Wiener Blut" standen sie dann gemeinsam auf der Bühne. Waren sie bis jetzt Freunde und Kollegen so wurde daraus nun eine Liebe, die bis zu seinem frühen Tod dauern sollte. Hier, am Hessischen Landestheater, sang er in "Don Pasquale", "Die Zauberflöte" und "Sein Schatten". 1934 schloss sich ein Engagement am Kölner Opernhaus an. Die Opern, die hier mit ihm zur Aufführung gelangten waren u.a. "Oberon", "Kleider machen Leute", "Das Glöckchen des Eremiten", "Der Wildschütz", "La Bohéme" und "Rigoletto". Am 31. Juli 1935 heirateten Peter Anders und Susanne Mysz in Keitum auf der Insel Sylt. Sie gab ihren Beruf auf und war fortan seine Ehefrau, Beraterin, Korrepetitorin und später die Mutter seiner drei Kinder, Ursula, Peter-Christian und Sylvia. Es folgte 1935 ein Engagement in Hannover. Hier trat er u.a. in "Die Zauberflöte", "Die lustigen Weiber von Windsor", "La Bohéme", "Rigoletto", "Madame Butterfly", "Donna Diana", "Arabella" oder "La Traviata" und "Die Fledermaus" auf. 1938 wurde er Mitglied der Bayerischen Staatsoper in München und 1939 folgte ein Engagement an der Berliner Staatsoper. Hier sang er an der Seite so wunderbarer Sänger und Sängerinnen wie Erna Berger, Maria Cebotari, Tiana Lemnitz, Hilde Scheppan, Jaro Prohaska, Torsten Ralf, Willi Domgraf-Fassbaender oder Erich Witte die großen Tenorpartien. Nach dem Ende des II. Weltkrieges stand er wieder auf der Bühne der Staatsoper Berlin, bzw. in deren Ausweichquartier, dem Admiralspalast, und sang in der zweiten Premiere des Hauses am 20. September 1945 den Herzog von Mantua in Verdis "Rigoletto". Es folgten die Premieren "Die Entführung aus dem Serail", "La Traviata" und 1947 "Die Zauberflöte". Schließlich wechselte er 1948 an die Staatsoper Hamburg, der er bis zu seinem Tod verpflichtet war. Hier sang er u.a. in den Aufführungen "Die Entführung aus dem Serail", "Die Zauberflöte", "Rigoletto", "Tosca", "Die Macht des Schicksals", "Der Freischütz" und übernahm schließlich die Titelpartie in "Othello" und den Siegmund in "Die Walküre". Seine Stimme begann sich in den letzten Jahren zu verändern und befand sich im Wechsel vom lyrischen zum Heldentenor. Parallel zu seinen Engagements an den verschiedenen genannten Musiktheatern nahm er zeitlebens zahlreiche Schallplatten auf, tourte mit Begleitern wie Franz Hallasch und Günther Weissenborn durch Deutschland, gab Liederabende, sang in Konzerten und im Rundfunk und stand als Gast auf den Bühnen unzähliger Häuser. Dann die Tragödie am 5. September 1954. Was bleibt? "Gesang verschönt das Leben, Gesang erfreut das Herz; ihn hat Gott uns gegeben, zu lindern Sorg und Schmerz." So schreibt Carl Friedrich Zelter, der große Berliner Musiker, Komponist, Dirigent und Leiter der Singakademie. Peter Anders hat mit seiner wunderbaren Stimme voller Wärme und Gefühl viele Menschen berührt, begeistert, ihnen das Herz erfreut und in schweren Stunden Trost und Zuversicht gegeben. Das ist auch heute noch zu spüren, wenn man den vielen Aufnahmen lauscht. Ob Oper, Operette oder Liedgesang, er beherrschte wie kein anderer die verschiedenen Genres. Dabei wirkte er stets sympathisch und man merkte, dass der Gesang ihm Spaß machte, sein Leben war. Zurück bleiben auch unzähligen Fotos von Peter Anders. Wenn man sie betrachtet, sieht man in das Gesicht eines fröhlichen, positiv wirkenden Menschen, dessen Lachen ansteckend wirkt, der, wie man so sagt, den Schalk im Nacken hat. Aber auch den liebevollen Ehemann sieht man, den stolzen, zärtlichen Vater, den leidenschaftlichen Sänger. Boleslaw Barlog in seinem Kondolenzschreiben an die Witwe: "Wir wollen den zauberhaften humorbegabten großen Sänger und stets freundlichen lieben Kerl nie vergessen." Jeweils in Berlin und München wurde eine Straße nach Peter Anders benannt. Die Historische Kommission zu Berlin e. V. betreut seit mehr als zwanzig Jahren das Berliner Gedenktafel-Programm des Landes Berlin. Es ist eingebunden in das Förderprogramm Historische Stadtmarkierungen des Senats. Am 3. August 2010 konnte in einem feierlichen Akt, bei dem auch die drei Kinder des Sängers anwesend waren, am Haus Thomasiusstraße 25, dem ehemaligen Wohnhaus von Peter Anders, eine weiße Porzellantafel der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin angebracht werden, die an seine Leistungen in Berlin erinnert. Ehefrau Susanne Mysz verh. Anders (Sängerin, Korrepetitorin, Gesangpädagogin) (* 4. Januar 1909 in Berlin, † 1. November 1979 in Salzburg) 1915 bis 1925 Besuch des Berliner Westend Lyceums Seit 1915 Klavierunterricht 1927 bis 1933 Studium im Hauptfach Gesang an der Berliner Hochschule für Musik u.a. bei ihrer Mutter Lula Mysz-Gmeiner 1933 bis 1934 Engagement in Darmstadt 1934 bis 1935 Engagement in Stettin 31. Juli 1935 Heirat mit Peter Anders in Keitum/Sylt Bis zu dessen Tod 1954 seine ständige Mitarbeiterin, Korrepetitorin und stimmliche Beraterin Von 1956 bis 1967 als private Gesangslehrerin in Hamburg Von 1968 bis 1972 jährliche Kurse an der Internationalen Sommerakademie am Salzburger Mozarteum, seit 1968 Lehrauftrag als Professorabile am Salzburger Mozarteum 1973 zur Hochschulprofessorin für Sologesang an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum" in Salzburg ernannt Mutter von Susanne Anders - Lula (Julie Lula Sofie) Mysz-Gmeiner (Altistin, Kammersängerin, Gesangspädagogin) (* 12. August 1876 in Kronstadt, Siebenbürgen, † 7. August 1948 in Schwerin) Schulzeit in Kronstadt Unterricht bei Gustav Walter in Wien Seit 1897 in Berlin, weiterer Gesangsunterricht bei Etelka Gerster, Emilie Herzog und Lilli Lehmann Ab 1905 Österreichisch-ungarische Kammersängerin Konzerte u.a. mit Max Reger, Siegfried Ochs oder Arthur Nikisch 1920 bis 1944 unterrichtet sie an der Staatlich akademischen Hochschule für Musik zu Berlin und bis zu ihrem Tod 1948 am Konservatorium in Schwerin Bekannt für ihre Interpretationen von Liedern von Johannes Brahms, Robert Schumann, Franz Schubert, Hugo Wolf, Gustav Mahler, Richard Strauss, Max Reger u. a. Vater von Susanne Anders - Dr. Ernst Albert Mysz (* 11. Mai 1871 in Kronstadt, Siebenbürgen, † 11. September 1948 Schwerin) Offizier (Linienschiffsleutnant, Kapitänleutnant) der ehemaligen österreich-ungarischen Kriegsmarine 1900 in den Ruhestand versetzt 1900 Heirat mit Lula Gmeiner Studium an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg, dort 1906 Ingenieurdiplom 1909 Promotion an der Technischen Hochschule in Darmstadt zum Dr. Ing. Bis 1925 Oberingenieur (Acquisitions- und Projektierungs-Ingenieur) bei der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) in Berlin Seitdem in freiem Beruf schriftstellerisch auf technischem und insbesondere auf musikalischem Gebiet tätig Tante von Susanne Anders - Luise Gmeiner (Konzertpianistin und Klavierpädagogin) (* 13. Februar 1885 in Kronstadt, Siebenbürgen, † 11. März 1951) 1891 bis 1900 Besuch der Bürgerschule in Kronstadt Musikalische Ausbildung in Kronstadt 1900 erster Auftritt 1903 bis 1910 Studium an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin, dort Unterricht bei Marie Bender und Ernst von Dohnányi 1914 Klavierstudium in Paris Konzertauftritte im In- und Ausland und Privatunterricht Nach dem Krieg Unterricht an der Hochschule für Musik von Groß-Berlin Tante von Susanne Anders - Ella Gmeiner (Weise, Klein, Mezzosopranistin, Opernsängerin) (* 12. November 1874 in Kronstadt, Siebenbürgen, † 24. Dezember 1954 in Stuttgart) Schülerin von Etelka Gerster 1904 Debüt am Berliner Nationaltheater Engagements am Weimarer Hoftheater und an der Münchner Hofoper Gastspiele in Wiesbaden, Stuttgart, Köln, Amsterdam, am Royal Opera House Covent Garden in London, Amsterdam und Bukarest 1907 Mitwirkung bei den Wagner-Festspielen in München Ab 1922 ausschließlich Konzert- und Liedgesang Auch als Musikpädagogin und Gesangslehrerin tätig Onkel von Susanne Anders - Rudolf Gmeiner (Bassbariton, Diplomingenieur, Konzertsänger und Gesangspädagoge) (* 20. März 1880 in Kronstadt, Siebenbürgen) Besuch des Evangelischen Gymnasiums in Kronstadt 1898/1899 Militärdienst im k. k. Dions Artillerie-Reg. No. 34 in Hermannstadt, verlässt ihn 1899 als Corporal 1900 Übersiedlung nach Deutschland Besuch der Technischen Hochschule zu Berlin 1906 Ausfertigung des Patents eines Diplomingenieurs 24. Juni 1907 Heirat mit Ilse Anna Emilie geb. Claus (*01.04.1879 in Würzburg), Tochter des Bayerischen Generals der Infanterie Carl von Claus Töchter: Irmingard Frieda, *3. Mai 1908 in Berlin, später Haustochter in Dornach bei Basel Ilse, 26. Juni 1909 Charlottenburg, später Kinderpflegerin in Clent, Worchester (England) Gesangsstudium Ab 1918 als Lehrer am Klindworth-Scharwenka Konservatorium zu Berlin 1920 nach Stuttgart verzogen, dort selbständiger Gesangslehrer Bestandsinformationen Der Bestand gelangte 2009 aus Privathand in das Landesarchiv Berlin. Im Bestand finden sich nicht nur Unterlagen von Peter Anders sondern auch Dokumente und Fotos seiner Ehefrau und seiner berühmten Schwiegermutter, der Kammersängerin, Konzertsängerin und Gesangsprofessorin Lula Mysz-Gmeiner nebst Familie. So ist dieser kleine Nachlass in doppelter Hinsicht von außerordentlichem Interesse. Im Bestand E Rep. 400-05 befinden sich u.a. Familiendokumente.- Private und geschäftliche Korrespondenz.- Verträge.- Kontobücher.- Kalender.- Adressbücher.- Fotos.- Rezensionen und Zeitungsausschnitte.- Besetzungszettel.- Programmhefte.- Zeichnungen.- Publikationen. Der Bestand ist vollständig erschlossen und umfasst 64 Akten (1,5 lfm), die den Zeitraum von 1908 bis 1954 dokumentieren. Einzelne Archivalien datieren bis 1897 zurück bzw. reichen bis in das Jahr 2009.Bemerkung: Einige Familienpapiere sind noch aus Personendatenschutzgründen gesperrt, hierfür bitte einen Schutzfristenverkürzungsantrag beim Landesarchiv Berlin stellen.
Weitere Findmittel: Datenbankrecherche im Landesarchiv Berlin
DE-611-BF-128293